Montevideo (gtai) – Uruguay zählt heute laut der Weltbank zu den „upper-middle income countries „. Ein günstiges internationales Umfeld, konstantes Wirtschaftswachstum und eine berechenbare Politik haben den Lebensstandard im Land deutlich gesteigert. Das BIP pro Kopf beträgt 16.435 US$. Die internationalen Ratingagenturen haben 2012 und 2013 ihre Ländereinstufung auf „Investment Grade“ angehoben und 2014 bestätigt. Die Wirtschaftsaussichten bleiben insgesamt positiv.
1. Wirtschaftsstruktur
Das traditionelle Bild von Uruguay als einen von der Agrarwirtschaft geprägten Staat, der von seinen Fleischexporten lebt, entspricht nicht mehr der Realität. Heute wird die Wirtschaft vom Dienstleistungssektor dominiert: Zwei Drittel der Beschäftigten sind in diesem Bereich tätig. Wichtige Wirtschaftszweige sind der gesamte Logistikbereich – mit Häfen und Freihandelszonen – sowie der Tourismus (rund 6% des Bruttoinlandsprodukts, BIP), der trotz jährlicher Schwankungen den Export von Fleischerzeugnissen bereits als Devisenbringer übertroffen hat. Die Informations- und Kommunikationstechnik, die vor zehn Jahren in dieser Form in Uruguay nicht existierte, trägt heute mit starken Wachstumszahlen bereits 2% zum BIP bei.
Der primäre Sektor hat aber weiterhin großes Gewicht. Zu dem traditionellen Exportgut Fleisch, das an immer mehr Abnehmerländer geliefert wird, sind weitere Exportprodukte aus der Landwirtschaft hinzugekommen. Milchprodukte und Reis, vor allem aber Soja und Zellulose (zur Papiererzeugung) sind in den letzten Jahren wichtiger geworden. Flächenkonkurrenz zwischen der traditionellen extensiven Landwirtschaft, dem Anbau schnell wachsender Hölzer und dem großflächigen monokulturellen Anbau insbesondere von Soja wird spürbar und die Bodenpreise steigen. Der primäre Sektor ist vor allem in den weiten, dünn besiedelten Flächen im Landesinneren der wichtigste Arbeitgeber.
Die verarbeitende Industrie basiert überwiegend auf landwirtschaftlichen Produkten wie Fleisch, Häuten, Milch, Holz und Getreide, und nur in geringem Umfang auf anderer industrieller Produktion. Die 2007 mit finnischem Kapital gebaute Zellulosefabrik Botnia (1,1 Mrd. US$; heute UPM) und die Zellulosefabrik Montes del Plata, die 2014 die Arbeit aufnehmen wird (3 Mrd. US$; chilenisch-schwedisch-finnisches Konsortium), sind zur Zeit die größten ausländischen Investitionen. Eine dritte Zellulosefabrik, etwa doppelt so groß wie die von UPM, ist in Planung. Das Vorhaben wurde jedoch noch nicht bestätigt.
Ein weiteres Großprojekt ist das von der Regierung unterstützte indische Bergbauprojekt Aratirí zur Eisenerzgewinnung im offenen Tagebau. Seine Realisierung ist in Teilen von Bevölkerung und Politik aus Umweltschutzgründen, aber auch aus grundsätzlichen wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen heraus, heftig umstritten und wird im Wahlkampf 2014 thematisiert.
Das Staatsdefizit betrug 2013 rund 2,3% des BIP, nachdem es 2012 noch bei 2,7% lag. Die wichtigsten Versorgungsunternehmen für Strom, Wasser, Mineralöl und Teile der Telekommunikation sind staatliche Monopolbetriebe und wichtige Arbeitgeber. Ihr Einfluss auf die Preisbildung und damit auf die Inflation ist groß. Die Privatisierung dieser Betriebe wurde 2003 von der Bevölkerung per Referendum abgelehnt. Seit 2011 gibt es ein Gesetz über öffentlich-private Partnerschaften (PPP) zum Bau und Unterhalt von Infrastrukturanlagen, das in der Praxis sehr wenig genutzt wird.
2. Internationale Verflechtung
Uruguay ist aufgrund seiner exportorientierten Produktionsstruktur und der Armut an konventionellen Energierohstoffen intensiv in die globale Wirtschaft eingebunden. Es setzt sich deshalb, auch im Rahmen des Mercosur, für mehr Außenhandelsfreiheit ein. Die Exporte stiegen 2013 auf den Rekordwert von 10 Mrd. US$ an und lagen damit um 4,8% über dem Niveau von 2012. Hauptausfuhrprodukte sind Soja und Fleisch, danach Zellulose zur Papierproduktion, Milchprodukte, Reis und Weizen.
Auch wenn Uruguay an über 165 Länder liefert, geht ein großer Teil der Exportgüter an zwei Länder: die VR China mit einem Anteil von 21% (Soja, Fleisch, Zellulose) und Brasilien mit 19% (mit einer wesentlich diversifizierteren Warenpalette, die Nahrungsmittel, aber auch Kunststoffe und Automobilzubehör umfasst). Die EU insgesamt kommt auf rund 10%, dabei entfällt ein wesentlicher Teil auf Deutschland. Argentinien, vor wenigen Jahren noch der größte Handelspartner, nimmt nur noch 5% der Waren ab (hauptsächlich Kfz-Zubehör) und liegt damit gleichauf mit Venezuela und Deutschland.
Auch 2013 gingen im Industriegüterbereich trotz der zwischenzeitlich eingetretenen „Normalisierung“ die Exporte nach Argentinien um 12,7% zurück. Viele Betriebe haben andere Absatzmärkte – zum Beispiel in Brasilien – gefunden. Seit der Krise 2002/2003 hat sich die wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeit Uruguays von Argentinien deutlich reduziert. Dennoch bleibt Argentinien vor allem in den Bereichen Tourismus, Logistik und Immobilieninvestitionen ein wichtiger, aber auch sehr schwieriger Partner, dessen wirtschaftliche Entwicklung mit Sorge gesehen wird.
Die kurzfristige Entscheidung Argentiniens, den Umschlag von aus Argentinien ausgeführter Gütern in uruguayischen Häfen mit Hinweis auf ein fehlendes Abkommen zu untersagen, hat bereits deutliche Auswirkungen auf den Hafen Montevideo. Dort eine schnelle politische Lösung zu finden wird eine der wichtigsten außenwirtschaftlichen Aufgaben Uruguays 2014 sein.
Venezuela ist ein wichtiges Zielland für landwirtschaftliche Produkte geworden, unter anderem für 35% der Exporte im Milchsektor. Die Devisenknappheit in Venezuela, die den Handel behindert, soll durch Tauschgeschäfte (Erdöl gegen Milchprodukte) umgangen werden. Neue Exportmöglichkeiten haben sich durch die Öffnung des hochpreisigen Fleischsektors in Korea (Rep.) und die Öffnung des Zitrusmarktes in den USA ergeben. Dagegen entfallen seit dem 1.1.14 die Zollpräferenzen der EU für Uruguay.
Der Gesamtimport Uruguays betrug 2013 rund 9,5 Mrd. US$ und ist damit um 11,8% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Erdöl- und Erdgasderivate werden in die Importstatistik nicht aufgenommen. China hat sich als Hauptlieferant mit einem Anteil von 20,0% gegenüber dem Vorjahr weiter gesteigert, Brasilien liegt bei 17,4% und Argentinien bei 17,0%. Deutlich dahinter folgen die USA mit 9,0% sowie Mexiko und Deutschland mit je 3,1%.
Nach Angaben des deutschen Statistischen Bundesamtes beliefen sich die Exporte nach Deutschland 2013 auf 373,5 Mio. Euro (2012: 379,0 Mio. Euro). Die Hauptprodukte sind Fleisch, Soja, Leder, Zellulose und Wolle. Vor allem für die Abnahme von hochwertigem und damit teurem Rindfleisch spielt Deutschland eine wichtige Rolle. Die Lieferungen aus Deutschland belaufen sich auf 350,0 Mio. Euro (2012: 399,0 Mio. Euro). Hauptprodukte sind Maschinen, pharmazeutische Produkte und Kfz.
Investoren schätzen die Rahmenbedingungen in Uruguay und vor Ort erzielte Gewinne werden häufig reinvestiert. Im Jahr 2013 betrugen die Investitionen 22,9% des BIP (2012: 22,7%). Wichtige Investitionen erfolgen 2014 im Bereich der Energieinfrastruktur.
Der uruguayische Peso floatet seit Mitte 2002 frei gegenüber dem US-Dollar. Der US-Dollar ist im Geschäftsleben (Immobilien, Pkw, technische Geräte) weiterhin ein wichtiges Zahlungsmittel, auch wenn seine Bedeutung langsam abnimmt. Uruguay ist Mitglied in den wichtigsten internationalen Wirtschaftsorganisationen (WTO, IWF, Weltbank). Großes Interesse besteht seitens des Landes auch an der OECD. Die Regierung schließt zur Erfüllung von OECD-Auflagen unter anderem zunehmend Abkommen zum Austausch von Steuerdaten mit wichtigen Handelspartnern.
3. Wirtschaftslage
Das Wirtschaftswachstum 2013 betrug 4,4% (2012: 3,9%). Uruguay setzt damit seine positive Entwicklung seit dem Krisenjahr 2003 kontinuierlich fort. Das BIP erreichte 55,7 Mrd. US$ und das Pro-Kopf-Einkommen betrug 16.435 US$. Die Schätzung für 2014 belaufen sich auf rund 2 bis 3% Wirtschaftswachstum.
Wachstumsfaktoren sind die mengen- und erlösmäßig ständig steigenden Landwirtschaftsexporte – allen voran der Sojaexport, der trotz leicht gesunkener Weltmarktpreise 2013 die Rekordsumme von 1,8 Mrd. US$ einbrachte. Die Ausfuhren von Fleisch sind zwar der Menge nach in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich gestiegen, jedoch haben die höhere Qualität und der zunehmende Zugang zu Hochpreismärkten (EU, USA, Korea (Rep.)) den Exporterlös deutlich nach oben getrieben (2013: 1,3 Mrd. US$).
Die positiven Wirtschaftskennzahlen haben eine fühlbare Auswirkung auf die wirtschaftliche Lage des Durchschnittsuruguayers. Der Konsum hat durch die hohen Gehaltszuwächse in den letzten Jahren stark zugenommen und ist eine der treibenden Kräfte des Ausschwungs. Die Arbeitslosenraten bewegen sich mit Werten zwischen 5,5 und 6,0% weiter auf historisch niedrigem Niveau. Die Zahl der unter der Armutsgrenze Lebenden (Personen, die sich den Grundwarenkorb nicht leisten können) ist im 9. Jahr in Folge auf zuletzt 11,5% gesunken. Das Ziel der Regierung ist es, bis 2015 die Armutsrate auf unter 10% zu drücken. Von der Armut betroffen sind vor allem Kinder in den unteren Einkommensschichten; Erwachsene betrifft sie dagegen nur mit rund 2,7%.
Die Erfolge der uruguayischen Wirtschaft, das konstant gute Abschneiden in weltweiten Rankings (geringe Korruptionsgefährdung laut Transparency International, Wirtschaftsklima, Investitionsfreundlichkeit usw.) und der solide Ausblick für das Land werden von den Märkten honoriert. Die großen Ratingagenturen haben ihre Einstufung 2012 und 2013 auf „Investment Grade“ angehoben, internationale Firmen investieren und reinvestieren in Uruguay.
Die soliden Wirtschaftszahlen bringen dem Land am Rio de la Plata aber auch Probleme: Eine spürbare Aufwertung des Peso gegenüber dem US-Dollar, auch im Vergleich zu den Nachbarländern, und eine deutliche Inflation schwächten die Wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren. Seit Ende 2013 und in den ersten Monaten 2014 zeigt der US-Dollar gegenüber dem Peso wieder eine steigende Tendenz, der den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zum Teil kompensiert hat. Dennoch liegt der Realtauschwert des Peso über dem der Vergleichswährungen der Region.
Besonders negative Auswirkungen hat der Währungsverfall des Nachbarn Argentinien, der in den Grenzgebieten im uruguayischen Einzelhandel deutlich spürbar wird. Dem Zufluss von ausländischem spekulativen Kapital, bedingt durch die relativ hohen Zinsen und den soliden Ruf Uruguays, begegnet die Zentralbank seit Oktober 2012 mit der Forderung an die Banken, Rückstellungen in Höhe von 40% des Wertes der Anleihekäufe ausländischer Kontoinhaber zu bilden.
Nach wie vor bleibt die Inflation größte Sorge der Regierung im Wirtschaftsbereich. Sie hält sich trotz aller Bemühungen hartnäckig auf einem hohen Niveau und bewegt sich mit jährlich 8 bis 9% über dem bisherigen Zielkorridor von 4 bis 6% und dem seit 2014 geltenden neuen Zielwert von 3 bis 7%. Die Zentralbank beschloss im Juni 2013, die Inflation nicht mehr über den Leitzins, sondern durch eine restriktive Geldmengenpolitik zu bekämpfen. Nach Anfangsschwierigkeiten scheint es der Bank jetzt zu gelingen, den Geldmengenzuwachs im gewünschten Rahmen zu halten.
Die inflationstreibende Konsumfreudigkeit im Land bleibt bestehen – von 2005 bis 2012 nahm die Kaufkraft real um 36% zu und viele Haushalte, vor allem mit niedrigen Einkommen, haben verstärkt Kredite aufgenommen. Der Konsum lag 2013 mit einem Plus von 5,2% deutlich über dem BIP-Zuwachs von 4,4%.
Hohe Lohnzuwächse infolge der starken Inflation haben in den vergangenen Jahren die Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich geschwächt. Die Lohnabschlüsse 2013 und 2014 zeigen bereits eine langsame, aber spürbare Abschwächung der Zuwachsraten. Die Gewerkschaften konzentrieren sich bei den deutlichen Zuwächsen auf die Einkommen am unteren Rand.
4. Wirtschaftsentwicklung
Positive Faktoren, die für eine weitere günstige Entwicklung sprechen, gibt es viele. Politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität, Berechenbarkeit für Investoren und ein solider Ruf hinsichtlich des Korruptionsniveaus machen sich bei langfristig angelegten ausländischen Investitionen und den Niedrigzinsen bei staatlichen Anleihen deutlich bemerkbar.
Das Klima kennt keine Naturkatastrophen und Uruguay verfügt über erhebliche Wasservorkommen. Die Hauptprodukte des Landes (Soja, Fleisch, Reis) werden bei einer weiterhin wachsenden Weltbevölkerung ihre Absatzmärkte finden – wenn auch bei möglicherweise niedrigeren Weltmarktpreisen. Zellulose für die Papierherstellung wird nach den Prognosen in den nächsten Jahren die Einnahmen aus dem Sojageschäft noch übersteigen.
Die Abhängigkeit von Energieimporten und den Schwankungen des Ölpreises wird sich durch den beeindruckenden Aufbau der erneuerbaren Energien (Wind, Sonne und zunehmend Biomasse aus landwirtschaftlichen Abfallprodukten) sowie den Bau einer Regasifizierungsanlage und eines modernen Kombikraftwerkes erheblich verringern. Noch völlig offen ist die Frage, ob Uruguay über eigene Öl- und Gasvorkommen verfügt. Internationale Ölkonzerne unternehmen zur Zeit aufwendige Probebohrungen. Sollten sie erfolgreich sein, würde dies starke Auswirkungen nicht nur für die uruguayische Wirtschaft, sondern auch für die regionale Politik haben.
Die geringe Bevölkerungszahl von 3,3 Mio. Einwohnern, mit einer entsprechend geringen Zahl von Entscheidungsträgern, erleichtert die Konsensfindung, die interne Abstimmung und in der Regel den Erhalt des sozialen Friedens. Sie setzt aber auch eine Grenze für den internen Konsum und das Angebot von qualifizierten Arbeitskräften, vor allem im Bereich der technischen Fachkräfte. Verschärft wird dies durch die geringe Geburtenzahl und die Probleme des öffentlichen Bildungssystems, das einmal zu den besten Lateinamerikas gehörte, heute aber Kinder aus einkommensschwachen Schichten nicht mehr erreicht. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mehr als doppelt so hoch wie die Durchschnittsarbeitslosigkeit.
5. Wirtschaftspolitik
Die Wirtschaftspolitik war seit Beginn des Mandates von Präsident José Mujica 2009 Aufgabe des Mitte-Links Flügels der Frente Amplio, der von Vizepräsident Astori geführt wird. Der bisherige Kurs, mit einer Mischung aus antizyklischer Fiskalpolitik, Schuldenreduzierung und der Suche nach geeigneten Finanzierungsmechanismen für die geplanten umfangreichen Infrastrukturprojekte, ist erfolgreich und wird voraussichtlich weiterhin die Wirtschaftspolitik des Landes bestimmen. Die ausgesprochen wenig professionell und überhastet durchgeführte Schließung der uruguayischen Fluglinie PLUNA im Sommer 2012 und das anschließende Konkursverfahren haben im Dezember 2013 zum Rücktritt des damaligen Wirtschaftsministers Fernando Lorenzos geführt. Sein Nachfolger, der bisherige Zentralbankpräsident Mario Begara, steht für die Kontinuität in der Wirtschaftspolitik.
Die Bekämpfung der Inflation und die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit bleiben die wichtigsten Wirtschaftsthemen. Das Erstarken des US-Dollars ist eine gute Nachricht für die Wettbewerbsfähigkeit uruguayischer Produkte auf dem Weltmarkt und eine schlechte Nachricht für die Inflationsbekämpfer, da sehr viele Güter auf US-Dollarbasis importiert werden. Die Aufgabe der Regierung wird sein, hier einen Mittelweg zu finden. Sie unterstützt die Bemühungen der Unternehmer, die Produktivität zu steigern und prüft flankierende Maßnahmen wie die Senkung von Abgaben und Steuern für besonders betroffene Bereiche der Exportindustrie.
Uruguay kann sich problemlos auf den Finanzmärkten Kredite beschaffen. Das Kreditmanagement des Staates, in den letzten Jahren mit den Schwerpunkten „Reduzierung der Abhängigkeit vom US-Dollar“ und „Besseres Laufzeiten-Management“, wurde vom IWF mehrfach gelobt. Die Auslandsverschuldung wurde kontinuierlich abgebaut. Die Regierung hat aus der Krise 2003 gelernt und Kreditlinien in Höhe von knapp 2 Mrd. US$ bei internationalen Gebern eingerichtet.
Uruguay betreibt die Einbindung des Landes in die Weltmärkte aktiv voran und eröffnet sich erfolgreich neue Märkte, wie 2013 den Zitrusmarkt in den USA. Präsident Mujica steht nach wie vor zum Mercosur als wirtschaftlichem und politischen Projekt, besitzt aber wenig Entscheidungsspielraum im Vergleich zu den beiden großen Mitgliedern. Uruguay unterstützt das geplante Abkommen zwischen EU und Mercosur nachdrücklich.
Zwei wichtige Engpässe für die weitere Entwicklung werden angegangen: Energie und Infrastruktur. Dem weiter steigenden Energiebedarf begegnet die Regierung durch einen differenzierten Energiemix, bei dem die erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle spielen: Bis 2015 sollen 90% der Elektrizität aus erneuerbaren Energien stammen. Die Baumaßnahmen für die Errichtung einer Regasifizierungsanlage für Flüssiggas (deutsche Beteiligung angestrebt) und eines Kraft-Wärme-Kraftwerks (deutsche Beteiligung) haben begonnen.
Zur Ausbeutung vermuteter größerer Erdöl- und Erdgasvorkommen wurden 2012 Bohrrechte im Festlandsockel an internationale Unternehmen versteigert. Probebohrungen finden statt, jedoch sind bisher noch keine Resultate bekannt. Eine weitere Versteigerung ist für 2015 vorgesehen. Die bestehende Infrastruktur, die durch die wachsende landwirtschaftliche Produktion stark beansprucht wird, soll verbessert werden. Dies gilt vor allem für das ländliche Straßennetz und den Ausbau bestehender Häfen. Das marode Schienennetz, das fast nur noch für den Gütertransport eingesetzt wird, muss renoviert beziehungsweise teilweise völlig neu aufgebaut werden.
Der geplante Tiefseehafen in Rocha ist das große Zukunftsvorhaben der Regierung. Erstmals hätte Uruguay einen Zugang zum Meer, der in wesentlich geringerem Umfang als die heutigen Häfen vom guten Willen der Nachbarländer abhängt. Die Infrastrukturprojekte erfordern hohe Investitionen, die das Land in Zusammenarbeit mit den internationalen Gebern, aber vor allem mit privaten Investoren realisieren möchte. Teilweise ist die Finanzierung bereits gesichert (Kraftwerke, Windparks), teilweise unmittelbar bevorstehend (Regasifizierungsanlage), teilweise aber auch noch völlig offen (Tiefseehafen).
Die zu geringe Zahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte wird sich in den nächsten Jahren noch stärker auswirken. Bereits jetzt sind Großvorhaben im Baubereich nur mit massivem Einsatz ausländischer Arbeitskräfte möglich. Die Verbesserung des öffentlichen Bildungssystems, die bisher nur wenig Erfolge zeigt, bleibt eine Priorität der Regierung und wird für die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2014 eine wichtige Rolle spielen.
Wachsende Bedeutung kommt der technischen Ausbildung zu, die bisher vernachlässigt wurde. Uruguay ist ein relativ offenes Land für Arbeitseinwanderung, hat aber trotz hoher Lebenshaltungskosten in qualifizierten Berufen ein verhältnismäßig geringes Gehaltsniveau. Die Diskussion über gewünschte Immigration und mögliche Anreize beginnt, ist aber noch zaghaft und konzentriert sich auf die Rückkehr ausgewanderter Uruguayer und deren Nachkommen.
Der Nachhaltigkeits- und Umweltschutzgedanke findet langsam, aber zunehmend Eingang in das Bewusstsein der Regierung und Bevölkerung, wobei die wirtschaftlichen Vorteile des nachhaltigen Wirtschaftens klar gesehen werden. Ein Beispiel ist der mittlerweile obligatorische Wechsel der Fruchtfolgen, der den Verlust von Nährstoffen im Erdreich reduzieren soll. Nachhaltigkeit ist auch ein wichtiger Faktor in der Nutzungsdiskussion: Die bisherige extensive Viehzucht konkurriert mit neuen Monokulturen (Eukalyptuspflanzungen, Soja); Großvorhaben wie der Tiefseehafen kollidieren mit dem Tourismus.
Im Umweltbereich haben Meldungen über die Beeinträchtigung der Wasserversorgung für Montevideo durch Wasserverunreinigungen in der Umgebung der bisher einzigen Aufbereitungsanlage und über die Zunahme von Krebserkrankungen im Umland veralteter Zementwerke zu Besorgnis in der Bevölkerung geführt.
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