Mehr als 360 Millionen Menschen in der Region übergewichtig. Konsum von „Junkfood“ stark angestiegen. 34 Millionen ohne ausreichenden Zugang zu Nahrung
Santiago de Chile. In Lateinamerika und der Karibik sind Übergewicht und Fettleibigkeit inzwischen so weit verbreitet, dass sie als „Epidemie“ qualifiziert werden müssen. Zu diesem Schluss kommt die Regionalvertreterin der Welternährungsorganisaton der Vereinten Nationen (FAO), Eve Crowley. Sie stellte in Chiles Hauptstadt am Donnerstag die neuesten Berichte der FAO und der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (OPS) zum Stand der Lebensmittel- und Ernährungssicherheit in Lateinamerika vor.
Demnach leben 58 Prozent der Bewohner der Region mit Übergewicht, das sind mehr als 360 Millionen Menschen. Weitere 140 Millionen sind von Fettleibigkeit betroffen. Im Durchschnitt ist in jedem Land mindestens die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig.
In den vergangenen Jahren stiegen diese Zahlen schnell, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation, der Ethnie oder dem Wohnort, so Crowley. Sie betonte jedoch, dass die Gebiete, in denen am meisten verarbeitete Lebensmittel konsumiert werden, auch am meisten gefährdet sind. Zudem geht aus den Statistiken hervor, dass mehr Frauen als Männer betroffen sind, mit einem Abstand von bis zu zehn Prozent in mehr als 20 Ländern.
Nach Auffassung der FAO-Vertreterin liegt die Ursache in der Veränderung der Essgewohnheiten: In den letzten Jahrzehnten haben sich immer mehr Menschen in Städten angesiedelt und im Zuge der Globalisierung der Märkte nahm der Konsum von industriellen Lebenssmitteln, die viel Zucker, Salz und Fette enthalten, auf Kosten der traditionellen Nahrungszubereitung mit den verschiedenen lokalen und frischen Produkten zu. Zudem seien die Preise für gesunde Lebensmittel gestiegen. Gleichzeitig stehen immer mehr stark bearbeitete Produkte zur Verfügung, die auch schon von Kindern konsumiert werden, so dass diese sich daran gewöhnen. Im Jahrbuch der Weltgesundheitsorganisation von 2015 hieß es beispielsweise zu Mexiko, dass „die meiste Kalorienzufuhr bei Kindern im Vorschulalter durch verarbeitete Lebensmittel und zwölf Prozent durch Fertiggetränke erfolgt“.
Es gebe auch Grund zur Hoffnung, so Crowley weiter: Die Erfahrung in Lateinamerika bei der Bekämpfung des Hungers sei sehr wertvoll. Heute liege die Zahl der unterernährten Kinder und die der Mangelernährung im Allgemeinen weit unter der von vor 20 Jahren. Dennoch hätten noch immer 34 Millionen Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Lebensmitteln. Die Verteilung des Reichtums sei nach wie vor extrem ungleich.
Von Vilma Guzmán
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