Wirtschaftsverbände wollen Transport landwirtschaftlicher Produkte über Wasser ausbauen. Standards zur Umweltverträglichkeit würden übergangen
Auch der Tapajós-Fluss soll in Teilen industriell nutzbar gemacht werden
Brasília. Mitglieder des Abgeordnetenhauses in Brasilien haben dem Parlament drei Gesetzesentwürfe vorgelegt, mit denen der Ausbau von vier Flüssen zu Schifffahrtskanälen ermöglicht werden soll. Angestrebt sind Eingriffe in Flussläufe entlang von bereits bestehenden Transportrouten, die im Fall der Verabschiedung der Initiativen ausgebaut würden. Die Abgeordneten hinter den Gesetzinitiativen stehen der Agrarindustrie des südamerikanischen Landes nahe.
Ziel der Initiative ist offenbar, die Sojaanbaugebiete im Inland Brasiliens effizienter mit den Exporthäfen an der Küste zu verbinden. Die Projekte betreffen zum einen die zwei Zuflüsse des Tapajós, Teles Pires und Juruena, im Bundesstaat Mato Grosso. Zum anderen sollen die Flüsse Tocantins und Araguaia in der nördlichen Entwicklungsregion Matopiba sowie der Strom Paraguay ausgebaut werden.
Die Umbauten sehen Dutzende Vertiefungen, Flussbegradigungen und die Kanalisierung vieler Kilometer vor. Kritiker wie der Abgeordnete Nilto Tatto von linksgerichteten Arbeiterpartei PT befürchten die Zerstörung ursprünglicher Fluss- und Uferlandschaften und damit die ursprünglichen Lebensräume tausender Indigener wie der Munduruku am Flusslauf des Tapajós. Flussbegradigungen erhöhen zudem gemeinhin die Gefahr von Hochwasser und Überflutungen entlang der Wasserstraßen.
Da die Eingriffe in die Natur nach brasilianischem Recht zu Einschränkungen der geplanten Bauvorhaben führen könnte, soll laut den vorliegenden Gesetzesinitiativen auf Studien zur Umweltverträglichkeit nach Maßstäben der Umweltbehörde Ibama verzichtet werden. Stattdessen sollen die mit der Umsetzung der Flussumbauten beauftragten Unternehmen selbst sogenannte Machbarkeitsstudien zu den Auswirkungen auf die Umwelt durchführen.
Von Mario Schenk
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