Im letzten Teil zum Thema ‚Selbstversorger in Uruguay‘ (hier der Link) hatten wir uns dem Boden gewidmet. Sollte man das nach ein wenig Einarbeitung in die Thematik im Griff haben, kommen gleich die nächsten Aufgaben auf einen zu. Anders, als wir es in Deutschland gewohnt waren, gibt es hier ganzjährig jede Menge Insekten, Kleintiere und Vögel, die sich gerne an unserer „Gartenauslage“ bedienen.
Schmetterlinge und Raupen
Bei den Tomaten und anderen Nachtschattengewächsen (Solanaceae), wie z. B. Physalis, kann der Befall mit Raupen des Tabakschwärmers (Maduca Sexta) eine Pflanze innerhalb eines Tages blattfrei machen. Den Befall bemerkt man meist erst dann, wenn schon einiges an Blattwerk fehlt, dann erkennt man auch gut die eckigen Kotpackungen auf dem Boden rund um die Pflanze. Die Tomaten im Freiland waren bisher immer betroffen, aber letzten Sommer war dann auch unsere Kapstachelbeere (Physalis) dran und wir konnten die Pflanze gerade noch retten. Die Raupen werden so groß wie ein kleiner Finger und sind gut getarnt.
Unsere Zitrone wird ab und zu von Schwalbenschwänzen (Papilio cresphontes) besucht und die Raupen, die wie Vogelkot aussehen können, brauchen nur einen kleinen Teil der Blätter. Das fällt bei dem großen Baum kaum ins Gewicht.
Bei der Maracuja lief das Anfangs auch noch eher geregelt ab und die Anzahl der Raupen hielt sich in Grenzen. Doch je größer die Pflanze wurde, desto mehr Raupen waren da. Letztes Jahr haben wir sie abgesammelt und in sicherem Abstand zur Pflanze weiter gefüttert.
Man kann sich ja nicht beschweren, weil es immer weniger Schmetterlinge gibt, wenn man die Raupen nicht duldet!
Vor zwei Jahren wurde unser kompletter Thymian von Raupen niedergemacht und in feuchten Jahren sind auch ganze Rasenflächen vom Typ Grama Brasiliera, der hier sehr beliebt ist (Axonopus_compressus), von Raupen bedroht.
In Solís hörten wir eines Tages im Sommer ein seltsames Geräusch, welches sich als Fraßgeräusch von Raupen herausstellte, die gerade dabei waren einen großen Palmwedel einer Phoenixpalme zu verdrücken.
Ameisen
Ameisen gibt es hier in jeder Größe und Art in großen Mengen. Von etwas mehr einen Millimeter Länge, bis zu einem Zentimeter ist alles vorhanden. Die größten Probleme machen aber scheinbar die Blattschneider-Ameisen. Die bewegen sich über lange Distanzen um an Futter zu kommen und sind auch in der Lage ganze Beete von frisch gekeimtem Gemüse innerhalb kürzester Zeit „abzuernten“. Aber auch Bäume und Sträucher werden nicht verschont. Einhalt gebieten kann man bei Bäumen mit einem Hindernis am Stamm oder man muss das Nest los werden. Das kann aber durchaus auch mehrere hundert Meter entfernt beim Nachbarn sein.
Wir hatten mit diesen Exemplaren bisher keinen Ärger, bei uns sind es die mit der Standardgröße, die man auch aus Deutschland kennt.
Die beschützen nämlich saugende Insekten wie Blattläuse usw. gegen Feinde und werden mit den zuckersüßen Ausscheidungen ihrer Pfleglinge belohnt. Wenn man nicht giften möchte, können wir einen Leimring empfehlen. Der Rest ergab sich bei uns von alleine. Die natürlichen Feinde stellten sich ein und nahmen sich der Aufgabe an.
Der Nachteil eines Lausbefalls liegt nicht nur im Verlust an Säften für den Baum, sondern vor allem auch an der Schimmelbildung auf den darunter liegenden Blättern durch die süßen Ausscheidungen. Es entsteht mit der Zeit ein klebriger schwarzer Belag, der die Pflanze massiv beeinträchtigt und schwer zu entfernen ist.
Vögel und Nagetiere
Hat man sich erfolgreich gegen die Insekten zur Wehr gesetzt, kommen die Vögel und holen sich die Früchte. Unsere Nachbarin bekommt z. B. von ihrem riesigen Feigenbaum selbst nur ein paar wenige Feigen im Jahr ab. Auch die Avocados werden angepickt, wenn sie reif sind. Man sollte sich mit der Ernte also im Zweifelsfall beeilen!
Sollte man sich tagsüber gut verteidigt haben, kommen nachts die Comadrejas (Beutelratte, Opossumart) und weitere Nagetiere und holen sich die Früchte die sie erreichen können. In den ländlichen Gebieten lässt man daher die Tomaten wachsen wie sie möchten, um ein eher strauchförmiges Gebilde zu bekommen, da so die Früchte nicht so gut erreichbar sind.
Die kleinen papgeiartigen Mönchssittiche, die wir hier alle so putzig finden, gelten auf dem Land als Plage und werden dort auch bekämpft. Denn sie können ganze Felder vernichten.
Heuschrecken
In unserem ersten Jahr in Balneario Solís hatten wir noch kleine Grashüpfer, die auch innerhalb kürzester Zeit ganze Pflanzen vernichtet hatten. Wir möchten uns gar nicht ausmahlen, was die großen hier anrichten können. Laut früheren Berichten soll es in Uruguay auch des öfteren zu Heuschreckenplagen gekommen sein. Vor allem in Dürreperioden.
Je weiter man aufs Land kommt, desto vielfältiger werden die Mitesser. Man muss stehts auf der Hut sein und die Pflanzen auf Befall überprüfen. Sonst kann es schnell passieren, dass man einen großen Teil seiner Ernte verliert oder Früchte erst gar nicht zur Reife kommen. So lernen wir jedes Jahr wieder etwas dazu und müssen aber auch viel Gelerntes aus Deutschland über Bord werfen. Vieles was man gerne aus der alten Heimat hier anbauen möchte, funktioniert einfach nicht. Manchmal fehlt der Frost, es ist zu heiß oder der Boden passt einfach nicht.
Zusammengefasst kann man also sagen, dass eine Selbstversorgung mit Obst und Gemüse nicht ohne Hindernisse möglich ist. Man sollte auf jeden Fall etwas Know How und vor allem Geduld mitbringen. Pflanzen, die hier 4 Jahre problemlos wuchsen, können im fünften Jahr durch eine neu hinzukommende Problematik eingehen.
Für den Kleingarten wird es wohl einfacher sein als für größere Anbauflächen. Dort braucht man auf jeden Fall die nötigen Maschinen und das dazugehörige Kleingeld!
Wie weit das dort ohne chemische Schädlingsbekämpfung überhaupt möglich ist, können wir nicht sagen. Es erreichen uns aber immer wieder Meldungen von Farmern, die mit ein wenig zu viel des Guten gleich noch ein paar Nutztiere mit eliminiert haben, was hier massiv geahndet wird, falls man erwischt wird.
Es ist also keinesfalls einfach mit dem hier immer noch günstig zu erwebenden Land eine Selbstversorgung sicher zu stellen. Zumindest nicht, bis man sich auf alle Begebenheiten hier eingestellt hat.
Hier geht es zu den anderen Artikeln zum Thema Selbstversorger:
2 thoughts on “Selbstversorger in Uruguay – Mitesser”