Staatenbündnisse wollen Vereinbarung in diesem Monat unterzeichnen. Massiver Druck für Einigung nach 19 Jahren Stagnation. Kritik von Arbeitnehmerverbänden
Asunción/Brüssel. Die Mitgliedsländer der Europäischen Union wollen noch im Laufe dieses Monats die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Freihandelsblock Mercosur zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Nach 19 Jahren Verhandlungen sei man sehr nah an einer Einigung, sagte der Staatssekretär im deutschen Wirtschaftsministerium, Matthias Machnig, bei einem Treffen der EU-Handels- und Wirtschaftsminister in Sofia vergangene Woche. Das Abkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay galt vor einigen Wochen bereits als praktisch unterschriftsreif. Vor allem bei Agrarimporten und im Automobilsektor gab es zuletzt aber noch Differenzen. Die Verhandlungen waren vorangekommen, nachdem die neuen Rechtsregierungen in Brasilien und Argentinien Venezuela aus dem Block ausgeschlossen hatten.
Das neue Freihandelsvorhaben der EU ruft indes Gewerkschaften auf den Plan. Gewerkschaftsbewegungen des Mercosur und der Europäischen Union, vertreten durch die Coordinadora de Centrales Sindicales del Cono Sur (CCSCS) und Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), haben ein gemeinsames Schreiben an die Verhandlungsführer beider Blöcke übergeben, in dem sie deutlich machen, warum sie das Freihandelsabkommen nicht akzeptieren werden.
Auch Industrieverbände der vier Mercosur-Staaten hatten unlängst eine scharfe Erklärung abgegeben, in der sie mehr Transparenz bei den Verhandlungen sowie Fristen und Bedingungen fordern. Sie verlangen ein insgesamt ausgewogenes Abkommen, das die Unterschiede im Entwicklungsstand zwischen den Parteien anerkennt. Zudem müsse eine „Klausel zur industriellen Entwicklung“ aufgenommen werden und die Beibehaltung verschiedener Instrumente zum Schutz der Produktion und Beschäftigung garantiert werden.
Das Schreiben von CCSCS und EGB lehnt das Abkommen „unter den gegenwärtigen Umständen und Bedingungen“ ab, da „kein wahrhaft faires und ausgewogenes Assoziierungsabkommen ausgearbeitet worden ist, sondern ein Freihandelsabkommen, das die weniger entwickelten Ländern auf beiden Seiten des Atlantiks in ihrer nationalen Industrie, in der Förderung der Produktion und der menschenwürdigen Arbeit schädigt“.
Die 1986 geschaffene Gewerkschaftskoordination Südamerikas besteht aktuell aus den Arbeiterverbänden CGT, CTA-T und CTA-A (Argentinien), CUT, UGT, Força Sindical, CGTB und CTB (Brasilien), COB (Bolivien), CUT und CAT (Chile), CUT, CUT A und CNT (Paraguay), PIT-CNT (Uruguay) und CTV, UNT, ASI und CBSTV (Venezuela).
Von Rodolfo Koé Gutiérrez
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