Das Abkommen Mercosur – Europäische Union

Der Freihandelsvertrag würde ein Nord-Süd-Handelsschema verfestigen, bei dem die EU Industriegüter liefert und der Mercosur Rohstoffe und Derivate

Ganz im Stillen wird über ein Abkommen verhandelt, das große Auswirkungen auf die Länder des regionalen Wirtschaftsbündnisses Gemeinsamer Markt des Südens (Mercosur)1 haben wird. Der argentinische Außenminister Julio Fourie deutete an, dass damit gerechnet wird, Ende des Jahres ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Mercosur abzuschließen. 2 Angela Merkel bekräftigte vor Kurzem bei einem Besuch in Buenos Aires, dass man hart verhandeln werde und nicht alle Wünsche der Länder dieser Region zufriedenstellend erfüllt werden würden. Aber die Drohungen aus Europa scheinen keine Bremswirkung zu zeitigen.

 

Ende dieses Jahres soll das Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der Europäischen Union unterzeichnet werden
Ende dieses Jahres soll das Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der Europäischen Union unterzeichnet werden QUELLE: CELAG.ORG

Über den Inhalt der Verhandlungen wird größtes Stillschweigen gewahrt, das in keinem Verhältnis zu den Auswirkungen steht, die die Unterzeichnung des Abkommens für die Bürger haben können. Was man mit Sicherheit weiß, ist, dass es sich nicht um ein reines Freihandelsabkommen handelt, sondern dass Aspekte einbezogen werden, die weit darüber hinaus gehen. Die Europäische Kommission ließ verlauten, dass neben der Aufnahme der Verhandlungen über Zoll- und zollähnliche Maßnahmen auch neue Regelungen in Bezug auf Dienstleistungen, öffentliche Auftragsvergaben, Auslandsinvestitionen und geistiges Eigentum im Spiel seien. 3 Zusammengefasst handelt es sich also um ein umfassendes Paket neuer Bestimmungen, die neue Regeln auferlegen würden, die die Autonomie der lokalen Wirtschaftspolitik beeinträchtigen würden.

Ein wenig Geschichte

Die Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Mercosur und EU wurden im April 2000 aufgenommen, und zwar im Rahmen eines politischen Zyklus, der durch die Vorherrschaft neoliberaler Regierungen in unserer Region gekennzeichnet war. Vier Jahre später wurden sie suspendiert. Der politische Zyklus hatte sich verändert, und die Mercosur-Länder hatten nicht mehr die Absicht, sich einem Europa zu ergeben, das sich als sehr hart bei den Verhandlungen gezeigt hatte4.

Man musste bis zum Jahr 2010 warten, bis erneut formale Verhandlungen über das Thema aufgenommen wurden, aber erst 2012 wurde laut Francisco de Assis (Vorsitzender der Mercosur-Delegation des Europäischen Parlaments) die Blockadehaltung aufgegeben. Für den europäischen Funktionär war der Schlüssel dazu die Änderung der Haltung seitens der in der FIESP (Föderation der Industrien des Staates São Paulo) zusammengeschlossenen großen Unternehmerschaft aus São Paulo, Brasilien, die sich von einer ablehnenden Haltung zu einer beifälligen Meinung durchgerungen hatte 5. Trotz des neuerlichen Anschubs zogen sich die Verhandlungen – mal hier und mal dort – aufgrund des Widerstandes der argentinischen Regierung gegen das Abkommen und der negativen Haltung der brasilianischen Regierung, ohne einen vollständigen Konsens der Mercosur-Mitgliedsländer nicht voranzuschreiten, bis 2015 hin.

Aber wie es in der spanischen Tageszeitung El País hieß: „Die politischen Veränderungen in Argentinien und Brasilien eröffnen die Gelegenheit, das Abkommen abzuschließen“ 6. Sie bezog sich dabei auf Mauricio Macris und Michel Temers Aufstieg ins jeweilige Präsidentenamt in Argentinien bzw. Brasilien. Beide Regierungen nehmen eine kritische Haltung gegenüber dem Protektionismus beim Außenhandel ein und sind gewillt, den Zustrom ausländischer Investitionen zu fördern, indem sie diesbezügliche Regularien abbauen, steuerliche Erleichterungen gewähren und die Arbeitsgesetzgebung flexibilisieren. Genau das ist es, was sich in dem in Frage stehenden Abkommen abzeichnet, und weshalb die Verhandlungen anscheinend beschleunigt geführt werden. Zudem bemühen sich diese beiden Regierungen, das Abkommen als einen politischen Sieg zu präsentieren, und das zu einem Zeitpunkt, der von zunehmender sozialer Unzufriedenheit gekennzeichnet ist, die ihren Ursprung in der gegenwärtig praktizierten Wirtschaftspolitik hat.

Von Pablo Wahren
Übersetzung: Gerhard Mertschenk
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