Verhaftung von neun bolivianischen Soldaten und Zollbeamten durch Polizei in Chile wächst sich zu einem politischen Konflikt zwischen beiden Ländern aus
La Paz/Santiago de Chile. Zwischen Bolivien und Chile gewinnt ein neuer Grenzkonflikt in den vergangenen Tagen an Schärfe. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten sind ohnehin belastet, seit der Meerzugang Boliviens Ende des 19. Jahrhunderts nach einem Krieg an Chile fiel. Die Regierung von Präsident Evo Morales hat das Thema in den vergangenen Jahren wieder auf die politische Agenda gesetzt.
Neben diesem schwelenden Konflikt geht es nun um die Verhaftung von neun Bolivianern – zwei Soldaten und sieben Zollbeamte –, die seit dem 19. März in Chile in Haft sitzen. Der Vorfall wird mit dem Dauerkonflikt um den Meereszugang in Verbindung gebracht und weitet sich zu einer ernsthaften diplomatischen Krise aus.
Zu den Umständen der Verhaftung der Bolivianer im bolivianisch-chilenischen Grenzgebiet gibt es zwei verschiedene Versionen. Die chilenischen Behörden sagen, sie hätten die Männer kurz vor der Grenze auf chilenischem Territorium aufgegriffen, als diese gerade einen LKW überfallen wollten. Entsprechend lauten die Vorwürfe der Behörden: illegaler Grenzübertritt, das Führen von Waffen und Raub mit Erpressung. Dieser Version nach waren die Bolivianer in Chile, um neun LKWs mit Schmugglerware zu stehlen.
Die Version von Boliviens Regierung lautet hingegen, die Soldaten und Zollbeamten seien auf bolivianischem Territorium im Einsatz gegen Schmuggler gewesen und dort von chilenischen Polizeibeamten verhaftet worden, als sie gerade einen verdächtigen LKW anhalten wollten. Bolivien geht daher davon aus, dass die chilenischen Polizisten selbst in die Schmuggleraktivitäten involviert waren und die Bolivianer festnahmen, um ihre illegalen Aktivitäten zu vertuschen.
Ein chilenisches Gericht hat inzwischen eine Untersuchungshaft von 120 Tagen angeordnet und die Bolivianer in ein Gefängnis in Alto Hospicio im Norden Chiles verlegen lassen. Dort wollte sie der bolivianische Verteidigungsminister, Reimy Ferreira, besuchen, dem jedoch das notwendige Einreisevisum verweigert wurde. Chiles Außenminister, Heraldo Muñoz, begründete die Entscheidung damit, dass Ferreira zum Boykott chilenischer Produkte aufgerufen sowie das Land und seine Präsidentin, Michelle Bachelet, beleidigt habe. „Er war eine der in den bilateralen Beziehungen am stärken belastenden Personen“, so Muñoz. Wenn Ferreira sich offiziell entschuldige, könne man die Entscheidung noch einmal überdenken.
Von Valeska Cordier
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