Ex-Präsident von Uruguay erinnert Washington an Verantwortung für Insassen des Gefangenenlagers. Aufnahme sorgt für Debatten im südamerikanischen Land.
Von Alice Kohn, amerika21
Montevideo. Uruguays ehemaliger Präsident José Mujica hat in einem TV-Interview von den Vereinigten Staaten verlangt, Mittel und Wege zu finden, um ehemalige Insassen aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo, die sein Land am 7. Dezember 2014 aufgenommen hat, zu unterstützen „Wir haben eine humanitäre und offene Geste gezeigt, aber wir können ihnen nicht mehr geben als wir den Uruguayern geben. Das ist das Problem“, so Mujica. Der linksgerichtete Politiker fügte an: „Wenn sie mehr brauchen, muss ihnen das jemand geben, der mehr Verantwortung und Mittel hat.“
Vergangenen Monat hatte einer der sechs in Uruguay aufgenommenen Ex-Guántanamo-Häftlinge, Abu Wa’el Dhiab, in einem Interview mit dem TV-Sender Canal 12 gesagt, dass die Uruguayer viel Herz gezeigt hätten, als sie ihn und seine Leidensgenossen aufgenommen haben. Dies sei aber nicht genug. Es brauche einen Hilfsplan, damit die Gefangenen sich ihr Leben neu aufbauen können, so Wa’el Dhiab. Nach Angaben der US-amerikanischen Tageszeitung The Washington Post sagte Wa’el Dhiab, dass die Versprechen, die ihm gemacht wurden, nicht eingelöst wurden. Er verlangt ökonomische Unterstützung, um sich ein eigenes Haus zu kaufen und seine Familie nach Uruguay zu holen. Die Zeitung berichtet auch, dass Wa’el Dhiab angefangen hat, eine monatliche Unterstützung der uruguayischen Regierung in Höhe von 600 US-Dollar zurückzuweisen. Der ehemalige Gefangene des Lagers Guantánamo habe zudem eine laufende medizinische Behandlung abgebrochen. Nun plane er einen Hungerstreik vor der US-Botschaft in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo.
Am 23. März hatte Uruguays Außenminister Rafael Nin Novoa verkündet, dass das Land keine weiteren Guantánamo-Gefangenen aufnehmen wird. Genauere Gründe für diese Entscheidung gab Nin Novoa nicht an. Meinungsumfragen hatten zuvor gezeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung Uruguays die Entscheidung, Insassen aus dem US-Lager auf Kuba aufzunehmen, ablehnt. Zudem hatten erst kürzlich lokale Medien über Probleme mit den ebenfalls aufgenommenen syrischen Flüchtlingen berichtet. Mitglieder der Opposition hatten das Thema aufgegriffen und parlamentarische Proteste angekündigt.
Ex-Präsident Mujica hatte sich noch kurz vor seinem Abtritt persönlich für die Aufnahme der Männer eingesetzt. Der sozialistische Politiker hatte unter der Militärdiktatur in Uruguay selbst mehrere Jahre in Haft verbracht und war – ebenso wie die Insassen des US-Lagers im Osten Kubas – schwerer Folter ausgesetzt.