NEU IM KINO: Die Dokumentation „Pepe Mujica – Der Präsident“.
So hässlich wie in diesem Film war Angela Merkel im Heute Journal oder in den Tagesthemen noch nie zu sehen. Und das liegt nicht am schlecht sitzenden Kostüm oder an den hängenden Mundwinkeln. Sondern an der Arroganz der Macht, mit der die Kanzlerin den uruguayischen Präsidenten José Mujica bei seinem Staatsbesuch in Berlin abfertigt und die Höflichkeiten diplomatischen Umgangs sichtbar unwillig absolviert. So zu sehen in Heidi Specognas Dokumentarfilm „Pepe Mujica – Der Präsident“.
Uruguay ist für Deutschland kein wirklich bedeutendes Partner. Und Mujica ein Mann, dessen Wurzeln in der kommunistischen Stadtguerilla nicht gerade auf Linie der Christdemokratin liegen dürften. Eine vermutlich eher häufige, medial aber meist unsichtbare Situation. Dass die globalen Machtverhältnisse hier so anschaulich werden, ist das Verdienst einer geduldig dokumentarischen Kamera, die weiterdreht, wo die Fernsehteams längst abgeschaltet haben.
José „Pepe“ Mujica ist nicht nur wegen seines Rebellen-Hintergrunds ein besonderer Präsident. Legendär ist auch seine bescheidene, fast bäuerliche Lebensweise, die der ehemalige Blumenzüchter auch nach seinem Amtsantritt im März 2010 beibehalten hat. Mit seiner Lebensgefährtin Lucía Topolansky haust er in einem Flachbau, dessen größte Attraktion das viele Grün drum herum ist, im Schuppen steht ein alter VW-Käfer. Ähnlich unverstellt ist sein Auftreten, wenn er in seinem Garten Regisseurin Heidi Specogna Rede und Antwort steht.
Die hatte vor fast zwanzig Jahren schon einmal einen Film über die beiden und zwei andere Exkämpfer gemacht („Tupamaros“, 1996), die sich nach dem Ende der Diktatur auf den Weg in die legale Politik machten. Da war der Präsident gerade frisch als Abgeordneter für das Bündnis Frente Amplio im Parlament. Seitdem hielt die Filmemacherin Kontakt. Und irgendwann kam ein Brief von Pepe und Lucía mit der freundlichen Frage, ob man nicht eine Fortsetzung drehen wolle, schließlich sei so viel passiert.
Specogna zitiert diesen Brief zu Anfang ihres neuen Films, der aus Alltagsbeobachtungen und Gesprächen mit beiden filmisch immer wieder zurück in die Vergangenheit blendet. Dabei hat sich vor allem die jetzige Senatorin im Lauf der Jahrzehnte äußerlich so verändert, dass man sie zuerst für zwei verschiedene Personen halten könnte. Im Engagement für gesellschaftliche Veränderungen sind beide aber (auch im Unterschied zu anderen ehemaligen Revolutionären wie Daniel Ortega aus Nicaragua oder Brasiliens Dilma Rousseff) beständig geblieben und haben nur an politischer Klugheit dazugelernt, so dass man jetzt weniger für den Umsturz streitet als für mehr Solidarität und Empathie.
Ein rundum von Sympathie getragenes Porträt also, dem man glatt Hofberichterstattung vorwerfen könnte, wenn Specogna nicht ganz klar mit offenen Karten spielte. Schade trotzdem, dass man über die konkrete Vorgeschichte, die politische Situation und auch die Agenda von Mujicas in Uruguay nicht unumstrittenen Präsidentenjahren nur wenig erfährt.
– “Pepe Mujica – Der Präsident“ von Heidi Specogna läuft in Freiburg. Ohne Altersbeschränkung.