Massive Proteste in Brasilien gegen Absetzung Rousseffs

Täglich Demonstrationen gegen De-facto Regierung von Michel Temer. Dilma Rousseff legt Berufung beim Obersten Gerichtshof gegen Senatsentscheidung ein

Rio de Janeiro u.a. In Brasilien reißen die Demonstrationen und Protestaktionen gegen die Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei PT nicht ab. Auch viele lateinamerikanische Regierungen kritisieren den Vorgang scharf. Rousseff hat indes beim Obersten Gerichtshof Widerspruch gegen die Senatsentscheidung vom 31. August eingelegt.

Tausende gingen auch in Florianópolis, der Hauptstadt des Bundesstaats Santa
Catarina, am Freitagabend wieder auf die Straße – QUELLE: MIDIA NINJA


In zahlreichen Städten gehen seit dem vergangenen Mittwoch täglich Zehntausende auf die Straße, um gegen den „parlamentarischen Putsch“ zu demonstrieren, mit dem die im Jahr 2014 mit 54 Millionen Stimmen wiedergewählte Präsidentin aus dem Amt gedrängt wurde. Aktivisten sozialer Bewegungen, linker politischer Gruppen, Gewerkschaftsangehörige, Studierende, Frauen, alte und junge Bürger versammeln sich bei vielfältigen Protesten gegen die Regierung von De-facto-Präsident Michel Temer. Teilnehmer der Proteste berichten von extremer Polizeigewalt und massivem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen, zahlreiche Menschen seien verletzt worden. Eine junge Frau in Rio de Janeiro verlor ihr Augenlicht, nachdem sie von einem Granatsplitter getroffen wurde. Journalisten berichten über tätliche Angriffe und die Zerstörung ihrer Ausrüstungen. Der Kongressabgeordnete John Carlos Siqueira, Präsident der Kommission für Menschenrechte und Minderheiten des Repräsentantenhauses (CDHM), verurteilte die starke Repression durch die Militärpolizei und mahnte die Einhaltung des Demonstrationsrechtes an.

Die Anwälte der Ex-Präsidentin haben am Donnerstag beim Obersten Gerichtshof des Landes Widerspruch gegen ihre Verurteilung eingelegt. Sie argumentieren, dass die vom Senat erhobenen Vorwürfe gegen Rousseff auf zwei Gesetzesvorschriften aus dem Jahr 1950 beruhen, die nicht mit der Verfassung von 1988 und den dort verankerten Regelungen über ein Amtsenthebungsverfahren vereinbar seien. Außerdem sei ein Anklagepunkt nach der Abstimmung im Abgeordnetenhaus im April modifiziert worden. Das gesamte Verfahren müsse neu aufgerollt werden. Die rechte Mehrheit im Senat hatte Rousseff vorgeworfen, drei den Staatshaushalt betreffende Dekrete erlassen zu haben, ohne vorher die Zustimmung des Kongresses einzuholen. Sie habe damit ein „Verbrechen“ begangen und gegen das Haushaltsgesetz verstoßen, zudem „kriminelle Tricks“ angewandt. Im Verlauf der Debatten wurde jedoch deutlich, dass ihr keine kriminellen Handlungen nachgewiesen werden konnten, sondern ein Machtwechsel aus politischen Gründen gewollt war.

Derzeit bereitet der Generalsekretär der Union südamerikanischer Nationen (Unasur), Ernesto Samper, eine Sondersitzung vor, auf der die Amtsenthebung Rousseffs behandelt werden soll. In einem Unasur-Kommuniqué heißt es, dass die Vorfälle in Brasilien „Besorgnis hervorrufen und regionale Auswirkungen haben, deren Prüfung eine außerordentliche Tagung der Außenminister rechtfertigt“. Zuvor hatten die Regierungen von Bolivien, Ecuador und Venezuela aus Protest gegen die Absetzung Rousseffs ihre Botschafter aus Brasilien abberufen. Auch Nicaragua, Kuba , Uruguay und El Salvador verurteilten den „parlamentarisch-juristischen Staatsstreich“ und sprachen von einer „zutiefst ungerechten Entscheidung“. Dagegen erklärten die Regierungen von Argentinien, Kolumbien, Paraguay, Guatemala und Chile, dass sie den „institutionellen Prozess in Brasilien respektieren“.

Urguays Ex-Präsident José Pepe Mujica sagte bei einer Veranstaltung im Rahmen des „Kontinentalen Aktionstages für die Demokratie und gegen den Neoliberalismus“ in Montevideo, es habe sich zweifellos um einen Staatsstreich gehandelt. Die Debatte im Senat sei eine „gigantische Pantomime“ gewesen, da die Entscheidung zum Sturz Rousseffs vorher und an anderer Stelle getroffen wurde. Sie sei nicht mit der Korruption einverstanden gewesen, deshalb habe die Präsidentin gehen müssen, so Mujica.

Von Eva Haule
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