Vor 32 Jahren verschwand in der andinen Region von Tachira offiziell ein Städtchen für immer von der Landkarte. Der kleine Ort Potosi wurde mehreren Wasserkraftwerken geopfert und versank mitsamt seiner 25 Meter hohen Kirche in den Fluten des Uribante-Caparo-Stausee. Nach längeren Dürreperioden tauchten die Ruinen in den vergangenen Jahren mehrfach teilweise aus den Fluten auf, die aktuelle Dürre in Venezuela hat die Überreste von Potosi nun vollständig freigelegt.
Die Gründung der Gemeinde geht bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zurück, die Bewohner wurden gegen ihren Willen umgesiedelt. Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels läuft das Wasserkraftwerk am Stausee bereits seit mehr als zehn Jahren nur noch mit sieben Prozent seiner 300 Megawatt-Leistung.
Seit Monaten leiden weite Teile Lateinamerikas und der Karibik unter einer extremen Dürre, die zu Wasser- und Stromknappheit führt. Im Guri-Stausee im südlichen Bundesstaat Bolívar ist der Pegel so tief gefallen, dass das Kraftwerk dort deutlich weniger Strom erzeugt. Statt der üblichen 10.000 leistet es derzeit weniger als 4.000 Megawatt. Obwohl Venezuela über die größten Ölreserven der Welt verfügt, wurde der Bau von Ölkraftwerken versäumt. Für Dürren wie die derzeitige ist man nicht gewappnet.